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Antrag / Anfrage / Rede

Verhandlungen mit ECE

Anfrage zur Stadtratssitzung am 30.10.2013

Dem Stadtvorstand ist es nicht gelungen, in den Verhandlungen mit ECE die vom gesamten Stadtrat als unumstößlich angesehenen Leitlinien zur Entwicklung des neuen Einkaufsquartiers Ludwigsstraße durchzusetzen und es droht, dass letztlich die Planungshoheit der Stadt an einen Großinvestor abgegeben wird.

Wir fragen daher an:

1. In den Leitlinien wurde festgelegt: Der Zugang zu den Geschäften im Erdgeschoss sollte generell über öffentliche Flächen erfolgen. Damit sollte ein durchlässiges Quartier in Unterscheidung zu einem geschlossenen Einkaufszentrum geschaffen werden. Diese Mainz-spezifische Lösung hätte als Alleinstellungsmerkmal unter vielen Einkaufsstädten die Attraktivität deutlich steigern können. Warum ist der Stadtvorstand von dieser Vorgabe abgerückt?

2. Die geforderte Mischnutzung, die das Wesen der gesamten Innenstadt prägt, sollte verhindern, dass das Einkaufsquartier abends und an Wochenenden zu einem „toten Viertel“ wird. Das Brandzentrum und die Römerpassage sind gut funktionierende Beispiele für eine solche Mischnutzung. Warum hat der Stadtvorstand diese Mischnutzung nicht auch für das neue ECE-Quartier durchsetzen können?

3. Eine Erweiterung auf bis zu 28.000 qm Einzelhandelsverkaufsfläche ist nach den vorliegenden Gutachten nur denkbar im Hinblick auf eine Einbeziehung des Bereichs zwischen Weißliliengasse und Osteiner Hof. Der Stadtvorstand hat sich entgegen der entsprechenden Leitlinie mit ECE auf eine Verkaufsfläche von 28.000 qm ohne die Einbeziehung der Weißliliengasse eingelassen.
a) Welche Gründe sprechen dafür, die Empfohlene Flächenvorgabe der Gutachter aufzugeben?
b) Warum wurden nicht zunächst die in den Leitlinien geforderten städtebaulichen Rahmenpläne erstellt? c) Durch ein weiteres Gutachten soll die Verträglichkeit für den Mainzer Einzelhandel nachgewiesen werden. Wer wird dieses Gutachten beauftragen und wer wird es finanzieren?

4. Die negativen Auswirkungen durch die Sogwirkung eines geschlossenen Einkaufcenters haben bereits viele Städte, insbesondere in den Randlagen, leidvoll erfahren. Die Leitlinien sollten diese Wirkung verhindern. Dennoch beabsichtigen die verhandelnden Vertreter der Stadt durch den Verzicht auf die Durchsetzung wesentlicher Bestandteile der Leitlinien einem Großinvestor den Bau eines geschlossenen Einkaufscenters zu ermöglichen und verschaffen ihm damit einen erheblichen Vorteil gegenüber dem ansässigen Einzelhandel. Mit welchen Maßnahmen kann im Sinne der Gleichbehandlung einer solchen negativen Stadtentwicklung entgegengewirkt werden?

5. In LL 1.7 „... hat das Karstadt-Warenhaus Bestandteil der Baumaßnahme (unter Beachtung der weiteren Entwicklung des Unternehmens) zu sein.“ Welchen Plan B hat der Stadtvorstand für den Fall einer Aufgabe des Standortes Mainz, um zu verhindern, dass die durch Karstadt frei gewordenen Verkaufsflächen nachträglich baulich mit dem Einkaufscenter verbunden werden?

6. Bleibt die Fuststraße als öffentlicher Raum in städtischem Eigentum und kann auch in Zukunft als solcher genutzt werden? (siehe dazu auch „Konkretisierung“ der LL 2.16: „... wenn das städtebauliche Konzept eine Befahrung der Fuststraße ausschließt“). Hat die Unterbauung Konsequenzen auf die öffentliche Nutzung? Wenn ja, welche?

7. LL 3.38: Die Forderung nach höchsten ökologischen Standards wird aufgegeben. Stattdessen vertraut man darauf, dass ECE „ein Zertifikat der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen e. V. (DGNB) in Gold als ökologischen Standard anstrebt“. Beim Gütesiegel des DGNB, in dem sich u. a. auch ECE engagiert, handelt es sich nicht um ein Green Label, sondern um ein System, das der ökonomischen Qualität gleiches Gewicht wie der ökologischen einräumt. Weshalb erlassen die verhandelnden Vertreter der Stadt dem Investor die Forderung nach höchsten ökologischen Standards angesichts der ambitionierten Klimaschutzziele der Stadt?
7a.) In LL 3.38 heißt es: „Die Baumaßnahme hat unter Rücksichtnahme auf das Stadtklima zu erfolgen“. Die aktuelle Thermografieaufnahme der Stadt aus dem Jahr 1998!, aufgenommen während einer Abendbefliegung am 10.8.1998 zwischen 21:53 - 22:54 Uhr, zeigt die Ludwigsstraße im gesamten Straßenverlauf als einen von vielen innerstädtischen Hotspots mit mehr als + 30°C. Der im Entwurf vorgestellte Baukörper bedingt allein durch seine geschlossene Baumasse und seine Ausdehnung eine negative Wirkung auf das Stadtklima. Das angeführte DGNB-Zertifikat eignet sich nicht als Lösung für die Ziele der Stadt hinsichtlich einer Anpassung an die negativen Folgen des Klimawandels. Das belegt beispielhaft der Kriterienkatalog für die "DGNB-Zertifizierung in Gold" für die Ernst-August-Galerie in Hannover: Der Erfüllungsgrad der relevanten Kriterienpunkte wie "Risiken für die lokale Umwelt" liegt dort bei nur 50% und bei "Mikroklima" liegt er sogar bei nur 10%, trotz begrünter Dachflächen. Welche Maßnahmen bzw. städteplanerische Vorgaben sind angedacht, um die klimatische Belastung im Umfeld des Centers im Vergleich zur jetzigen Situation zu verringern?

8. Gastronomie: Ursprüngliche Absicht war es, den Schwerpunkt der Handelsnutzung auf die „Flaniermeile“ Ludwigsstraße auszurichten (LL 3.21). Zurzeit sind allein an der Südseite des Gutenbergplatzes vier Gastroketten angesiedelt, ihnen gegenüber das Haus des Deutschen Weines und das Theaterbistro. Die Zukunft der Gastronomie im anschließenden Pavillon, (im vorliegenden Konzept für Karstadt vorgesehen) ist ungewiss. ECE sieht im Center weitere 3000 qm Fläche für Gastronomie im Eingangsbereich an der Ludwigsstraße vor. Dies würden bei großzügiger Berechnung mindestens 30 Gastronomiebetriebe zusätzlich bedeuten. Entspricht dies den Vorstellungen von einer Aufwertung der Ludwigsstraße zur Flaniermeile? Wie gehen Sie mit einer möglichen Umwandlung dieser Flächen in Verkaufsflächen um?

9. Aus welchem Grund hat der Stadtvorstand den Rolltreppen in den Gassen zugestimmt? Sie legen den Bau als Center fest. Eine reelle Trennung in einzelne voneinander unabhängige Baukörper ist nur bei unabhängiger vertikaler Erschließung möglich.

10. In der Informationszeitschrift von ECE „Partner für die Städte“ Ausgabe 2/2013 vom Oktober 2013 wird über das Mainzer Projekt berichtet. Darin heißt es: „Die vereinbarten Eckpunkte fließen nun in die Ausarbeitung des Konzepts ein, das in einem weiteren öffentlichen Forum vorgestellt und diskutiert werden wird. Danach wird sich der Mainzer Stadtrat mit den Plänen beschäftigen und darüber beschließen“. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Verwaltung, ob der Rat ein modifiziertes Leitlinien-Papier zur Beschlussfassung vorgelegt bekommt und welche Verbindlichkeit dieser Beschluss des Rates für ECE haben wird? Sind dies dann nur – wie bislang – Optionen, die ECE nach Möglichkeit einhalten sollte? Oder sind dies dann die vertraglich unabdingbaren Grundlagen für die Entwicklung des Projekts?

Dr. Claudius Moseler,
Fraktionsvorsitzender 

Antwort der Verwaltung

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